Social Justice Wizardry,  Weltenbau

Dispel Subtext – Elfen (Teil 1)

Elfen – sie sind überall und alle wissen, wer sie sind. Sie sind schlank und elegant, mysteriös und etwas herablassend, uralt und unglaublich gut in dem, was sie tun, und kämpfen (meist) für das Gute. Normalerweise gibt es sie in 3+1 Sorten, Hoch-, Grau- und Wald-, gelegentlich Meer-, Wüsten- oder Dschungelelfen. Manchmal gibt es Dunkelelfen, aber für diesen Unfall brauche ich einen eigenen Blogpost. Hier geht es um Elfen in all ihrem besser als menschlichen, magischen, etwas klischeehaften Glanz.

Ich mag Elfen – wahrscheinlich, weil ich als ungeoutetes trans Kind ihre Androgynität ansprechend fand, aber auch ihre Verbindung zur Natur, ihre künstlerische Ader und dass sie oft genau solche Helden sind, wie Epic Fantasy sie braucht. Durch und durch heldenhafte Charaktere haben ihren Platz in diesem Genre und Elfen passen perfekt in diese Rolle. So sehr mich diese Klischees manchmal nerven, sie helfen dabei, unterhaltsame Charaktere für mehr oder minder heroische Abenteuer zu erschaffen.

Wie viele Fantasy-Settings sie behandeln mag ich leider nicht. Manche mögen sie zu sehr und machen aus ihnen übermenschliche Alleskönner mit übermenschlicher Moral, was aber anscheinend selten gegen langsames Aussterben hilft. Andere sind sich der Klischees zu bewusst und machen ihre Elfen zu Champions des Bösen und der Arroganz, oder zu Menschen mit einem Talent für Magie, beziehungsweise mit etwas mehr Respekt für Natur. Schließlich gibt es Settings, die sie alle einbauen – über- und quasi-menschlich, angelisch gut und diabolisch böse, Meer-, Wüsten- und Dschungelbewohner, alles für einen Zweck: Um das Klischee zu vermeiden, Elfen anders zu machen, aber trotzdem Elfen zu haben, Motto: Wasch mich, aber mach mich nicht nass.

Die traditionelle Tracht elfischer Helden, wenn sie für eine gute Sache sterben.

Es klappt nie wirklich. Ich glaube, es liegt vor allem daran, dass viele noch die klassischen Tolkien-Elben mögen – Helden sind schwer zu hassen, obwohl ein paar Edgelords es zeitweise geschafft haben, Grimdark als cooler zu verkaufen. Wahrscheinlich liegt es aber auch daran, dass es schwierig ist, mit den üblichen Fragen, die viele stellen, wirklich andere Elfen zu erschaffen: „Was unterscheidet diese Elfen von anderen?“ und „Wie sind Elfen in diesem Setting?“
Die erste Frage führt nur zu den gleichen Elfen mit einer Liste austauschbarer Attribute, wie „Elfen, aber böse“, „Elfen, aber unterwasser“, usw., und auch die zweite Frage setzt eine ähnliche Liste von Attributen voraus, die alle Elfen teilen. Das Resultat ist ungefähr das gleiche: Keine für sich stehende Fantasy-Rasse, sondern eine homogene Gruppe von Humanoiden, definiert durch die Abweichung von Standardelfen, die ihrerseits als „anders als Menschen“ definiert sind. Darum beginnt dieser Versuch, es anders zu machen, mit ihnen.

Elfen sind die besseren Menschen

Bevor ich richtig einstiege: Es ist wahrscheinlich unmöglich, den Menschen im Elfen komplett loszuwerden, außer vielleicht, wir verlieren unsere Menschlichkeit – Menschen fällt es schwer, kein Mensch zu sein. Aber uns dessen bewusst sein, dass es bei Elfen letztlich darum geht, was wir über Menschen denken, können wir und es hilft.

Elfen, wie Tolkien sie schrieb, sind stärker, geschickter, weiser, schöner und moralisch besser als Menschen, beinah unsterblich, magiebegabt – Elfen sind besser als ihr. Außerdem betrauern sie ihr aussterben, schützen ihre Heimat, und sind „heller und schöner anzusehen als die Sonne selbst“, was zwar aus nordischer und keltischer Mythologie entlehnt ist, deren Autoren wohl kaum ein Konzept von Rasse hatten, aber heute und zu Tolkiens Zeiten Teil rassistischer Ideologie ist und war. Sie sind schlank, athletisch, intelligent und werden niemals krank, was, wie es der Zufall will, auch Eigenschaften des Übermenschen bei Nietzsche wie bei den Nazis sind.
All das mit Gutem und dem menschlichen Ideal, das Elfen repräsentieren, zu verknüpfen ist eine verdammt schlechte Idee. Auch wenn viele Fantasy-Settings Elfen nicht alle oben erwähnten Talente geben, die meisten sind häufig noch da und die Untertöne schwingen dabei mit. Heißt das, wir sollten Elfen einfach aus dem Repertoire streichen? Nein, aber wir müssen sie verändern – zu einem anderen Guten.

Ich schätze, die Magie und Langllebigkeit können so bleiben – die meiste Magie hat nicht allzuviele Implikationen für die Wirklichkeit und ich vermute, die meisten Menschen sind sich einig, dass am Leben Bleiben eine gute Sache ist, zumindest für ein bis acht Jahrhunderte. Die Weisheit des Alters und Lebenserfahrung sind damit wahrscheinlich eingeschlossen, wie auch die Möglichkeit, meisterhaft im Bogenschießen, im Brot Backen, im Malen oder in Moralphilosophie zu werden. Naturverbundenheit ist meist auch nicht schlecht, also lasst uns das behalten, und vielleicht eine Tendenz zum Guten und zum Chaos, weil Heldentum Spaß machen kann, aber das können auch ehrenlose Hinterhalte, hedonistische Kommunen im Wald und Disaster-Queers.

Traurige Elfen verlassen ihr Heimat. (Source: Araniart)

Die besten Elfen sind schlecht

Was wir allerdings wirklich loswerden müssen ist die weiße Machtfantasie, die am Ursprung moderner Fantasy-Elfen steht. Mehr schwarze Elfen wie in Dragon Prince sind ein guter Anfang und ich bin mir ziemlich sicher, dass die kanonisch genderfluiden Elfen auch schon einige nazinahe, transfeindliche Arschlöcher geärgert haben, also danke, WotC. Ein Großteil der ursprünglichen rassistischen Machtfantasie lebt jedoch fort in ihren übermenschlichen physischen und mentalen Fähigkeiten, in ihrer recht britischen Geschichte als Erben eines Imperiums, die nun um zu überleben ihre Heimat schützen müssen, und in ihrer Besorgnis um die Geburtenrate von weißen Akademiker*innen. Elfen ohne imperiale Vergangenheit und weniger besorgt um ihr Verschwinden zu schreiben, sollte allerdings nicht allzu schwer fallen.

Der schwierige Teil ist die weniger offensichtliche Verbindung zwischen physischer Perfektion, Intelligenz und Weißsein im Kern ihres „Besserseins“, die auch immer wieder als zentrales Thema in heroischem Fantasy auftaucht. „Der Held ist klug, stark, geschickt, schön und weiß. Die Monster sind es nicht.“ Eine der offensichtlichen Lösungen ist, die Elfen zum Bösen zu machen; die andere, den Unterdrückten, dem Anderen, diese Qualitäten zuzuschreiben. Aber, obwohl diese Ansätze wichtige und gute Geschichten hervorbringen, fehlt beiden etwas: Die Fehler und Schwächen der Monster bleiben dieselben.

Um das zu ändern, braucht es Helden mit ebendiesen „Fehlern“, die diese nicht überwinden, sondern durch sie triumphieren. Der Zauberer Rincewind aus Terry Pratchett’s Scheibenwelt-Romanen, der überwiegend durch seine Feigheit die Welt rettet, statt durch Mut, ist ein gutes Beispiel. Darum meine ich, dass der perfekte elfische Held eine Ansammlung von Fehlern ist (bzw. dem, was in den Augen der Gesellschaft als solcher gilt), nicht von Wissen, Fähigkeiten oder Moral. Der bestmögliche Mensch und folglich Elf ist eine Katastrophe!

Das ist alles für diesen Teil. Im nächsten wird es darum gehen, inwiefern Elfen sich von Menschen unterschieden und wie das genutzt werden kann, um ihr Profil zu schärfen und ihnen neue, bessere Fehler zu geben. Bis dahin: Was glaubt ihr, was Elfen besser machen könnte? Sind sie noch auf andere Weise zu retten? Was meint ihr?

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